Rechtsanwälte dürfen nicht im Café beraten - Veranstaltung "coffee and law" untersagt
Der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat die Durchführung einer unter der Bezeichnung "coffee and law" angekündigten Veranstaltung untersagt und damit das bereits in erster Instanz vom Landgericht Duisburg ausgesprochene Verbot bestätigt.

Die Antragsgegnerin wollte Rechtsanwälten die Möglichkeit geben, in einem Duisburger Café anwaltliche Beratungsleistungen zu erbringen. Dabei sollten vor allem Interessenten angesprochen werden, die eine gewisse Scheu vor dem Betreten einer Anwaltskanzlei haben und die daher nicht ohne weiteres als anwaltliche Mandanten gewonnen werden können. Diesen Personen sollte gegen Zahlung einer Pauschale von 20,-- EURO im Café und in der damit verbundenen lockeren Atmosphäre eine Erstberatung durch einen einzelnen Rechtsanwalt geboten werden, die in eine "klare Empfehlung" einmünden soll, "ob und was zu tun ist". Diejenigen Rechtsanwälte, an die als Ergebnis der Erstberatung im Café Mandanten vermittelt werden, sollten für den Mandanten unter bestimmten Bedingungen 50,-- EURO an die Antragsgegnerin zahlen.

Der Senat führt zur Begründung seiner Entscheidung aus, die geplante Veranstaltung verstoße in mehrfacher Hinsicht gegen Bestimmungen des anwaltlichen Berufsrechts und des Wettbewerbsrechts.

Da es darum gehe, im Umgang mit Rechtsanwälten Unerfahrene, die sich scheuen, eine Anwaltskanzlei zu betreten, durch die Schaffung einer lockeren Atmosphäre in einem öffentlichen Café an eine anwaltliche Beratung heranzuführen und so als Mandanten zu gewinnen, handle es sich um eine für Rechtsanwälte unzulässige Werbeveranstaltung. Die etwa 15 Minuten dauernde Beratung diene dazu, den Werbecharakter der Veranstaltung zu verschleiern.Insbesondere in der in rechtlichen Angelegenheiten unerfahrenen Zielgruppe sei die Vorstellung verbreitet, dass es auf jede rechtliche Frage eine einfache, klare und eindeutige Antwort gebe. Dass nicht selten eine differenzierte Betrachtung geboten sei, die eine Beantwortung der aufgeworfenen Fragen nur nach eingehender Ermittlung des Sachverhalts und Prüfung der Rechtslage zulasse und anschließend eine Abwägung unterschiedlicher Handlungsmöglichkeiten und Vorgehensweisen erfordere, dürfte dem größten Teil der angesprochenen Zielgruppe nicht von vornherein bewusst sein. Die Beratungsinteressenten würden daher zunächst auch nicht erkennen, dass die Café-Beratung in den meisten Fällen nahezu zwangsläufig zu der Empfehlung führen werde, sich eingehender, dann eben doch in einer Rechtsanwaltskanzlei beraten zu lassen. Daneben verletze der im öffentlichen Café beratende Rechtsanwalt auch seine Fürsorgepflichten gegenüber den Beratungsinteressenten mit Blick auf seine Verschwiegenheitspflicht. Da in einem öffentlichen Café keine Räume erkennbar seien, in denen eine vertrauliche Beratung durchgeführt werden könne, widerspreche es der anwaltlichen Fürsorgepflicht, dass die Mandanten der durchaus realistischen Gefahr einer leichtfertigen Preisgabe von persönlichen Umständen gleichsam öffentlich im Café vor den Augen und Ohren der anderen Café-Besucher ausgesetzt würden.

Einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht liege darin, dass die Werbung mit einem Pauschalpreis von 20,-- EURO unzulässig sei, weil der Interessent eine unabhängig vom Gegenstand und Umfang seiner Sache vollständige und ordnungsgemäße Beratung erwarte, die er indes so nicht bekomme. Die versprochene "klare Empfehlung" könne nur in den seltensten Fällen abschließend sein, sondern wird in der Regel darin bestehen, den Mandanten zur weiteren Beratung an einen anderen Anwalt zu vermitteln. Die Beratung, die der Mandant auf diese Weise für die gezahlten 20,-- EURO erhält, erweise sich dann für ihn als nur begrenzt nützlich, weil er - anders als von der Werbung suggeriert - keinen abschließenden Rat erhalte, sondern erst noch einen anderen Rechtsanwalt aufsuchen müsse, der mit dem rechtlichen Problem bis dahin nicht vertraut sei und dem der Mandant dann nochmals in ähnlicher Weise wie bereits im Café seinen Fall vortragen müsse, was weitere Kosten auslöse. Dass die Antragsgegnerin für den an einen Rechtsanwalt vermittelten Mandanten unter bestimmten Bedingungen einen Geldbetrag von 50,-- EURO fordere, verstoße gegen das gesetzliche Verbot einer entgeltlichen Mandantenvermittlung.

(20. Zivilsenat , Urteil vom 17. Juli 2007 - I-20 U 54/07, rechtskräftig)

Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf vom 11.09.2007

Haben Sie Fragen zum Wettbewerbsrecht/Werberecht? Kontaktieren Sie uns: Ihr Ansprechpartner ist Rechtsanwalt Florian Giese.

Gerne erstellen wir Ihnen für eine eventuelle Beratung oder Vertretung einen unverbindlichen Kostenvoranschlag. >> E-Mail-Kontakt

(Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die von Ihnen abgeschickte Nachricht nicht geeignet ist mit uns ein Mandatsverhältnis herzustellen. Dieses Kontaktformular dient der rein informatorischen Kontaktaufnahme. Beachten Sie dies insbesondere bei Angelegenheiten, in denen Fristen zu wahren sind. Eine Beratung oder ständige Korrespondenz per E-Mail findet nur nach vorheriger ausdrücklicher Absprache mit uns statt. Dieses Kontakt-Formular ist nicht für Werbung per E-Mail vorgesehen. Werbung ist nicht erwünscht. Datenschutz: Ihre Daten werden für die Dauer der Korrespondenz gespeichert, lediglich für diesen Zweck genutzt und Dritten nicht zugänglich gemacht.)

Weitere aktuelle Rechtsprechung

Bundesgerichtshof: Mauerbild als Staatsgeschenk
Landgericht München: Streit um Pumuckl's Freundin
Landgericht München: Unterlassungsanspruch gegen Betreiber von Usenet-Server
Landgericht Frankfurt a.M.: Keine Urheberrechtsverletzung durch Weitergabe von Abstracts
Landgericht München: Handel mit 'gebrauchten' Softwarelizenzen
Bundesgerichtshof: Schadenersatz für den unerlaubten Abdruck von Pressefotos in Tageszeitung
Bundesgerichtshof: DVD keine neue Nutzungsart gegenüber Videokassetten

 >> Impressum/Pflichtangaben/Nutzungsbedingungen/Datenschutzhinweis
 >> Der Inhalt der Website stellt keine Rechtsberatung dar
 © 1999-2007 für alle Inhalte & Design Giese Rechtsanwälte/Rechtsanwalt Florian Giese
 >> Bildquellen: © Hemera Technologies Inc./www.photocase.com/Apple Computer Inc.

Aktuelles
Neu: Online-Rechtsberatung
Zeitsparend und unkompliziert anwaltlichen Rechtsrat per E-Mail einholen. mehr ...

Rechtsnachrichten
In dieser Rubrik informieren wir Sie über Neuigkeiten aus Rechtsprechung und Medienwirtschaft. Die Meldungen können auch als Newsletter bezogen werden. mehr ...
Rechtsprechung
Medienrecht: BGH - Zur Verantwortlichkeit des Betreibers eines Internetforums

Domainrecht: BGH - Domainnameregistrierung durch Vertreter zulässig

Medienrecht: BGH - Bezeichnung "Terroristentochter" kann im Kontext zulässig sein

Urheberrecht: LG Frankfurt a.M. - Keine Urheberrechtsverletzung durch Weitergabe von Abstracts

Medienrecht: BGH - Telefonwerbung gegenüber Gewerbetreibenden verboten

Wettbewerbsrecht: LG München - Abmahnungen gegen Online-Shops

Wettbewerbsrecht: LG München - Adwords-Werbung für Rechtsanwälte verboten

Markenrecht: OLG Karlsruhe - Markenverletzung durch SPAM-Mail

Medienrecht: LG Hamburg - 200.000 EUR Schadenersatz für Joschka Fischer

Bildnisrecht: BGH - Foto eines Politikers in der Werbung

Wettbewerbsrecht: BGH - Werbung einer Brauerei für Regenwaldprojekt

Markenrecht: BGH - Zum Schutz einer dreidimensionalen Marke - "Lindt GOLDHASE"

Markenrecht: BPatG - "Product Concept" nicht eintragungsfähig