Erbrecht: Pflichtteilsrecht
Das Pflichtteilsrecht war durch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 2005 zur Frage der Pflichtteilsentziehung im Gespräch. Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Erbrecht Hans J. Giese.

In dem Fall handelte es sich um einen Sohn, der seine Mutter getötet hatte. Er forderte dennoch seinen Pflichtteil. Die Enterbung und Entziehung des Pflichtteils war rechtens.

Pflichtteile stehen im Fall der Enterbung Kindern und Enkeln zu, dem längerlebenden Ehegatten. Sind keine Kinder und Enkel vorhanden, auch den Eltern (§ 2303 BGB).

Die Enterbung bedeutet hier, dass der gesetzliche Erbanteil um die Hälfte auf das sogenannte Pflichtteil gemindert wird (§ 2303 BGB).

Der Vorteil des Pflichtteils ist ein sofort fälliger Anspruch auf Geldzahlung.

Der Pflichtteilsberechtigte ist nicht Miterbe, er hat keinerlei Rechte in der Erbengemeinschaft.

Miterben einer Miterbengemeinschaft entscheiden oft sehr schwerfällig, besonders dann, wenn Streit besteht. In der Miterbengemeinschaft bestehen auch keine Ansprüche auf besondere Gegenstände. Das ist auch dem Pflichtteilsrecht typisch. Auch hier bestehen keine Ansprüche auf Nachlassgegenstände, sondern nur jener Anspruch auf sofortige Geldzahlung.

Der Pflichtteilsanspruch verjährt innerhalb von 3 Jahren ab Kenntnis des Nachlassfalles, der Enterbung.

Der Pflichtteilsanspruch entsteht nur, wenn er vom Pflichtteilsberechtigten gefordert wird.

Der Pflichtteilsanspruch kann sich dann erhöhen, wenn Erblasser unter Lebenden große Teile des Vermögens verschenkten. Hier hat der Pflichtteilsberechtigte einen Anspruch gegenüber den Begünstigten, das heißt Beschenkten, dass die Schenkungen der letzten 10 Jahre vor dem Tode des Erblassers fiktiv dem Nachlassvermögen zugerechnet werden. So wird ermittelt, ob der Pflichtteil ohne die benachteiligenden Schenkungen unterschritten wird. Ist das der Fall, so kann ein Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber den Beschenkten zur Geltung gebracht werden.

Oft wird übersehen, dass die 10 Jahresfrist während der Ehe nicht läuft (§ 2325 Abs. 3 BGB). Das heißt, dass Schenkungen zwischen Eheleuten zu Lasten der Kinder bei der Errechnung des Pflichtteilsanspruches gegenüber dem längerlebenden Ehegatten fiktiv zum Nachlass gehören. So wird ein höherer Ausgleichsanspruch gegenüber dem längerlebenden Elternteil errechnet. Auch im Fall der Zweitehe werden sämtliche Schenkungen zwischen Stiefmutter oder Stiefvater ohne die 10-jährige Begrenzungsfrist in die Pflichtteilsergänzungsrechnung aufgenommen.

Zuwendungen zu Lebzeiten sind nur dann auf Pflichtteilsansprüche anzurechnen, wenn der Erblasser dieses ausdrücklich zuvor bestimmt hat.

Dass ein Abkömmling verschwenderisch lebt, überschuldet ist, etwaig krank, der sozialen staatlichen Hilfe anheim fällt, kann die überlegung ergeben, ihn auf den Pflichtteil zu setzen.

Zur Durchsetzung des Pflichtteilsanspruches stehen dem Berechtigten Auskunftsansprüche zu. Auch der Anspruch auf Einholung von Wertgutachten ist wichtig, wenn es um Grundstücke bzw. wertvollere Nachlassgegenstände im Rahmen der Pflichtteilsberechnung geht.

Die von der Bundesregierung geplante änderung des Pflichtteilsrechtes soll die Pflichtteilsentziehung einer geänderten gesellschaftlichen Auffassung anpassen, nicht ohne weiteres erleichtern. Auch ist beabsichtigt, den Pflichtteilsergänzungsanspruch zu begrenzen; je älter eine Schenkung ist, so weniger ist auszugleichen.

Die Pflichtteilsschuld soll leichter gestundet und die Ratenzahlung ausgeweitet werden.

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